Bei einer Fachtagung konnten rund 70 Fachkräfte und Gäste im Pfarrsaal St. Cyriakus begrüßt werden.
Die Fachstelle für Sucht und Suchtprävention der Caritas Südniedersachsen besteht seit 44 Jahren. Aus diesem Anlass wurden Fachkräfte und Gäste zu einer Tagung nach Duderstadt eingeladen. Im Pfarrsaal St. Cyriakus wurde verdeutlicht, wie wichtig die Arbeit der Suchtberatungsstellen, insbesondere die Suchtprävention, für eine lebenswerte Gesellschaft bleibt – heute vielleicht mehr denn je.
Fachkräfte, aber auch Vertreterinnen und Vertreter der Kommune, des Landkreises und des Niedersächsischen Landtags waren gekommen, um an der Tagung teilzunehmen und anschließend miteinander ins Gespräch zu kommen. Nach der Begrüßung der Gäste durch Holger Gatzenmeyer, Vorstand der Caritas Südniedersachsen, gratulierte die Landesdrogenbeauftragte Bärbel Löcher-Straßburg dem Team der Duderstädter Fachstelle, den beiden Suchttherapeuten Friederike Smilge und Jens Klie, für die hervorragende Arbeit. Sie erläuterte, dass das Land Niedersachsen insgesamt 75 Suchtberatungsstellen unterstützt, und seit 44 Jahren auch die Stelle in Duderstadt. „Ziel ist es, Suchterkrankungen zu verhindern“, sagte Bärbel Löcher-Straßburg und schlug damit den Bogen zur Festrednerin Prof. Dr. med. Ursula Havemann-Reinecke von der Universitätsmedizin Göttingen.
In ihrem Vortrag zum Thema „Auswirkungen von Suchtmitteln auf das jugendliche Gehirn“ richtete die Göttinger Expertin den Fokus auf die Legalisierung von Cannabis „für den Freizeitgebrauch“ und die Folgen dieser gesetzlichen Lockerung des Drogengesetzes. Anhand komplexer Forschungsergebnisse stellte Ursula Havemann-Reinecke dar, dass besonders bei jungen Menschen unter 25 Jahren der kontinuierliche Konsum von Cannabis die Leitungsbahnen des Gehirns zerstören könne. Zu den Auswirkungen zählten kognitive Störungen, psychosoziale Beeinträchtigungen, Abhängigkeiten (auch von anderen Drogen) sowie eine erhöhte Anzahl an Suizidversuchen. Eine weitere Gefahr sei der deutlich höhere THC-Gehalt bei Cannabis als noch vor 20 Jahren und die bisher geringen Forschungen zu den in Deutschland erhältlichen 120 unterschiedlichen Blütensorten. Einem UN-Bericht zufolge seien in Ländern, in denen Cannabis legalisiert wurde, Abhängigkeiten und Entzug von Cannabis um das Achtfache angestiegen, cannabisbezogene psychotische Erkrankungen um das Vierfache (INCB Report 2022).
„Es ist noch eine Menge zu tun“, fasste Ursula Havemann-Reinecke zusammen und betonte, dass Suchtprävention nicht nur Aufgabe der Beratungsstellen sei, sondern nur durch ein gesamtgesellschaftliches Engagement nachhaltig wirken könne. Sie appellierte an Land und Bund, eine verlässliche Finanzierung und strukturelle Prävention, beispielsweise durch Qualitätskontrollen und Werbeverbot, zu gewährleisten.
Im abschließenden Teil der Tagung stellten Friederike Smilge und Jens Klie unter dem Titel „Was geschieht eigentlich in der Suchttherapie?“ verschiedene Therapieformen vor, von der Psychoanalyse über Verhaltenstherapie bis zur systemischen Therapie. Sie betonten, dass es die „Suchtpersönlichkeit“ nicht gebe, und daher arbeiten sie flexibel mit verschiedenen Therapieansätzen, jeweils auf den erkrankten Menschen abgestimmt. Außerdem setzt auch die Duderstädter Suchtberatungsstelle setzt auf Prävention in Schulen und Betrieben. Dafür hat sie 2023 eine eigene Wanderausstellung konzipiert, die 2025 nochmals erweitert wurde.
Claudia Nachtwey / cps
Medienbericht
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