Caritas Südniedersachsen kritisiert Pflegereformentwurf der Bundesregierung

Betreute Wohngruppen wie im Lorenz-Werthmann-Haus in Duderstadt kommen zu kurz.

Im Alter haben Menschen mehr Auswahl an Wohn- und Betreuungsmöglichkeiten als oft angenommen wird. Zusätzlich zur Pflege zu Hause oder in einer stationären Einrichtung existieren viele andere Modelle. „Eine besonders attraktive Wohnform sind die ambulant betreuten Wohngemeinschaften wie wir sie hier in Duderstadt haben im LWH, dem Lorenz-Werthmann-Haus“, sagt Ralf Regenhardt, Vorstandssprecher der Caritas Südniedersachsen. „Leider diskriminieren die gesetzlichen Regelungen diese WGs. Im vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung für eine Pflegereform wurden sie schlichtweg vergessen“, meint Regenhardt.

„Unsere beiden ambulant betreuten WGs bieten Platz für bis zu 14 Bewohnerinnen und Bewohner,“ berichtet LWH-Leiter Lars-Tido Wortmann. Wer auf einer der beiden LWH-Etagen wohnt, hat seine eigenen vier Wänden und erlebt sowohl Gemeinschaft als auch Privatsphäre. Die Mieterinnen und Mieter schätzen ihre selbstbestimmte Alltagsgestaltung und erhalten dennoch die altersbedingte nötige Unterstützung, denn das Team der Caritas-Sozialstation Duderstadt gewährleistet professionelle Pflege. „Konkret heißt das, die Pflege ist angepasst wie Zuhause an den jeweiligen Bedarf, mehrere Stunden über den Tag verteilt“, erklärt Wortmann. Einen großen Vorteil sieht er zudem in der im Haus integrierten Seniorenbegegnungsstätte und fügt hinzu: „Die Angebote der Begegnungsstätte sind offen für alle, selbstverständlich auch für unsere Bewohnerinnen und Bewohner.“

Genießt ihre betreute Wohngruppe in Duderstadt: Irene Röling beim Nachmittagstee mit LWH-Leiter Lars-Tido Wortmann. | Foto: Detlef Gabler / Caritas
Genießt ihre betreute Wohngruppe in Duderstadt: Irene Röling beim Nachmittagstee mit LWH-Leiter Lars-Tido Wortmann.
| Foto: Detlef Gabler / Caritas

Pflegebedürftige Menschen werden auch im LWH bei ihrer Alltaggestaltung durch Präsenzkräfte unterstützt. So werden die Besorgungen des täglichen Bedarfs gemeinsam mit den Mieterinnen und Mietern erledigt. Die Mahlzeiten werden täglich in der Wohnküche gemeinsam zubereitet, unter gemeinsamer Entscheidung der Bewohnerinnen und Bewohner, was es zu essen gibt. Auch die Wäsche wird im Rahmen der Alltagsgestaltung gemeinsam mit den Mietenden und den Wohngruppenassistenten organisiert. Die Bewohnerinnen und Bewohner bestimmen zudem ihre Besuchszeiten eigenständig. 

Ungleichbehandlung von betreuten WGs

Die Kosten in einer Wohngemeinschaft liegen in der Regel auf vergleichbarer Höhe mit denen einer stationären Pflegeeinrichtung. Pflegebedürftige in Wohngemeinschaften erhalten neben den Pflegesachleistungen und der häuslichen Krankenpflege für den individuellen Betreuungs- und Organisationsbedarf monatlich einen pauschalen Wohngruppenzuschlag von 214 Euro für die Finanzierung der Präsenzkraft. Diese Leistung ist, anders als die meisten anderen Leistungen der Pflegeversicherung, seit 2017 nicht angehoben worden. „Diese Ungleichbehandlung führt dazu, dass sich ältere Menschen diese Lebensform zunehmend nicht mehr leisten können“, sagt Manuela Kunze, Geschäftsbereichsleiterin Altenhilfe und Pflege der Caritas Südniedersachsen.

Caritas fordert höheren Wohngruppenzuschuss

Im aktuellen Entwurf für das Gesetz „zur Unterstützung und Entlastung der Pflege“ bleiben die ambulant betreuten WGs außen vor. „Gerade vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels und der steigenden Entgelte in der Langzeitpflege ist dies absolut unverständlich. Um die Versorgung einer immer älteren Bevölkerung in der Zukunft bewältigen zu können, müssten diese innovativen Wohnformen eigentlich besonders gefördert werden,“ erklärt Elisabeth Fix, Leiterin der Kontaktstelle Politik des Deutschen Caritasverbandes und Expertin für Pflege. Der Deutsche Caritasverband fordert daher in einem ersten Schritt eine Anhebung des Wohngruppenzuschlags auf 500 Euro monatlich.

„Wir schließen uns dieser Forderung an. Wenn wir die häusliche, wohnortnahe Versorgung im Quartier sichern wollen, müssen wir die ambulant betreuten Wohngruppen stärken, in Duderstadt und anderswo“, erklären Wortmann, Kunze und Regenhardt für die Caritas Südniedersachsen.

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Was macht eigentlich eine betreute Senioren-WG? - Caritas Deutschland auf YouTube